Musiktheaterprojekt „Labyrinth“ mit Jugendlichen des Diyar Dance Theatre in Bethlehem und Schüler*innen der Freien Waldorfschule in Rosenheim unter der Leitung der Intercultural Music Association „music can help“ e.V.

Projekt: „Music can help“ 2019

16. - 23. Juni 2019  Probenwoche in Bethlehem
01. - 10. Juli  2019  zwei Aufführungen mit den palästinensischen Jugendlichen in Deutschland

"Musik ist eine internationale Sprache, die von allen Menschen gleichermaßen verstanden wird. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, in Krisengebieten mit Musik und Musiktherapie helfend tätig zu sein.“
Die Intercultural Music Association e.V. entwickelte zum wiederholten Male im Jahr 2019 ein gemeinsames Musiktheaterprojekt mit Jugendlichen aus Bethlehem (Diyar Theatre) und Rosenheim ( Freie Waldorf-schule) sowie einigen Geflohenen aus Syrien und Afghanistan. Die Jugendlichen beider Gruppen erarbeiteten wieder gemeinsam ein Theaterstück. Die einzelnen Szenen wurden in einer intensiven gemeinsamen Probenwoche in Bethlehem zusammengesetzt und zur Aufführung gebracht. Im Anschluss kamen die Jugendlichen aus Palästina zu Aufführungen nach Deutschland (Juni / Juli 2019), und zwar im Leo 17 in München und im Ballhaus in Rosenheim.
Die Projektbeschreibung in der Homepage des Vereins „music can help“ lautete: Labyrinth – Ein Traumspiel

„Mit dem Titel „Labyrinth – ein Traumspiel“ – im arabischen mataha تيه – treffen sich junge Schauspieler aus Palästina/Bethlehem und der Freien Waldorfschule Rosenheim dieses Jahr zum dritten Mal, um die Ideen, die sie in diesem Stück umsetzen wollen, gemeinsam zu erarbeiten. Grundlage ist eine surreale Suche jedes Einzelnen nach dem eigenen Weg. Themen sind Flucht und Vertreibung, Beziehungsaufbau, Wertesuche, Authentizität. Wie gehen wir miteinander um? Welche neuen Wege gilt es zu gehen in der heutigen Welt?
Alle Szenen basieren auf Träumen, die szenisch umgesetzt werden.
Das Besondere an diesen Projekten ist, dass sich die Jugendlichen vorher nicht kennen, dass jede Gruppe für sich Szenen zum Thema ausarbeitet und man sich dann in Bethlehem trifft, um eine Woche lang gemeinsam ein Theaterstück zusammenzusetzen, zu proben und sich vor allem kennenzulernen. Am Ende der Woche findet eine erste Aufführung in Bethlehem statt. Eine Woche später treffen die jungen Palästinenser zum Gegenbesuch in München ein. Hier kommen nun noch zwei junge Afghanen mit ins Team, die zur deutschen Gruppe gehören, aber leider nicht mit nach Palästina kommen können.
Durch die gemeinsame Zeit, sowohl in Palästina wie auch in Deutschland haben die Jugendlichen die Möglichkeit, tiefe Einblicke in die jeweils andere Kultur, in die Lebensumstände der anderen zu gewinnen und sich auszutauschen über Wünsche, Pläne, Ideen und Hoffnungen, die sich trotz aller äußeren Umstände erstaunlich ähnlich sind.“  (www.music-can-help.de)

„Im Labyrinth gibt es keinen längeren oder kürzeren Weg. Jede Wendung muss gegangen werden, nichts kann ausgelassen werden, man will zur Mitte gelangen. Falsch zu gehen ist nicht falsch. Ein Fehler ist keine Sackgasse und schon gar keine verlorene Zeit. Aus Fehlern nicht zu lernen, nicht weiterzugehen, stehen zu bleiben, das sind die wirklichen Irrtümer des Lebens.“ Gernot Candolini

Das Projekt war Teil der Festivitäten zur Aktion „Waldorf 100“.
Die Gruppe aus Rosenheim bestand aus acht Schülern der 12. und 13. Klasse. Die meisten Jugendlichen sind Schüler der Freien Waldorfschule Rosenheim. Die Gruppe aus Bethlehem bestand aus 10 Schülern. Die meisten von ihnen leben in den angrenzenden Flüchtlingslagern. Sie erhalten durch die Theater- und Tanzangebote des Diyar Theatres die Möglichkeit, aus ihrer normalen Umgebung auszutreten und sich auszudrücken.
An der Einstudierung waren beteiligt: Sybille Stier, Rainer Kühn, Juliette Rahon und Tarek Tboun. Sybille Stier ist Dozentin für Klavier an der Universität Augsburg und als freie Musiktherapeutin für verschiedene Einrichtungen tätig. Außerdem organisiert und leitet sie seit 2012 internationale künstlerische Projekte in Krisengebieten und ist 1. Vorsitzende des Vereins „music can help“. Sie leitete das Theaterprojekt. Juliette Rahon ist Choreographin  und Tanzpädagogin. Rainer Kühn ist als Schauspieler langjähriges Ensemblemitglied des Gorkitheaters Berlin und am Stadttheater Wiesbaden. Er leitete vielfach Jugendtheatergruppen im In- und Ausland. Zum Team gehörte auch Tarek Zboun vom Diyar Theatre.

Das OVB berichtete über das deutsch-palästinensische Theaterstück Labyrinth: „Über den Zeitraum eines Schuljahres hatten sich die Jugendlichen aus beiden Ländern unter der Leitung von Sybille Stier unter anderem mit den Themen ‚Wege finden – Verirrungen akzeptieren und gutheißen’ und ‚Beziehungen knüpfen – Mut haben, neue Wege zu gehen’ befasst. Dazu wurden Texte gelesen, Erfahrungen ausgetauscht, Ideen gesammelt und wieder verworfen. Am Ende entstand auf diese Weise ein berührendes, gemeinsames Theaterstück, in dem gespielt, getanzt, gesprochen und gesungen wurde. Und das alles in drei Sprachen: Deutsch, Arabisch und Englisch, meldet die Schule.“
„Unter großem Applaus ging das dritte interkulturelle Theaterprojekt der Freien Waldorfschule Rosenheim und des (...) ‚Diyar Theatre Bethlehem’ mit der Aufführung ‚Labyrinth – Ein Traumspiel’ im Ballhaus Rosenheim zu Ende.“

www.music-can-help.de/neues-theaterprojekt-mit-schuelern-aus-palaestina-und-rosenheim/

 

Feedbacks:
„ Für mich war das die lehrreichste Erfahrung meines Lebens. Sie half mir, die Augen für die Menschheit zu öffnen und zeigte mir, dass unser Planet voller Grenzen ist, obwohl wir doch alle gleich sind. Alle sind wir Individuen, die Glaube und Furcht von einander trennt. Es war wirklich eindrucksvoll, zwei Wochen mit völlig anders denkenden Menschen zusammenzuleben.
Am Anfang war es hart für mich. Ich fühlte mich als Palästinenserin so nichtig, weil die ganze Welt so schlecht über uns denkt. Aber die Tage vergingen und wir kamen uns näher. Wir vergaßen die Grenzen und behandelten uns gegenseitig wie Teenagers, die dasselbe denken. Diese Erfahrung gab mir Hoffnung und erinnerte mich daran, dass wir vor allem Menschen sind.“ Georgina  17 Jahre
„Ich lernte tausend Dinge über die deutsche Kultur, das bayrische Essen, über mich selbst und meine Freunde. Außerdem durfte ich die wunderbare Landschaft und historische Orte Deutschlands sehen.
Unsere Aufführungen ermöglichten es uns, mit dem Publikum zu sprechen, was für sie eine große Hilfe war, das palästinensische Leben zu verstehen und die stereotypen Bilder des Terrorismus durch solche zu ersetzen, die der Realität entsprechen.“ Jiries  17 Jahre
„Der Kulturaustausch war für mich sehr spannend. Die verschiedenen Religionen und die sehr dominanten Geschlechterrollen bzw. Trennungen waren etwas komplett Neues für mich. Immer präsent war die Mauer zwischen Israel und Palästina. Für mich war es unglaublich schwer zu begreifen, dass der Krieg und das Elend in diesem Land doch so aktuell sind. In unserer Geschichte z.B. ist die Berliner Mauer Vergangenheit, aber in diesem Land gibt es eine Mauer, die das ganze Land teilt, mit ausgebildetem Militär, das niemanden ein- oder ausreisen lässt. Die Palästinenser bekommen zu Weihnachten ein Visum, mit dem sie Jerusalem besuchen dürfen.  
Ich glaube auch, dass durch dieses Theaterprojekt ein wunderschönes Zeichen gesetzt werden kann und zwar, dass kreative Arbeit verbinden kann und dass man mit solchen Dingen den Menschen zeigen kann, dass hinter diesem Land mehr steckt, als das Land des ewigen Krieges.  (...)
Ich sehe dieses Projekt, als ein riesiges Geschenk. So vieles konnte ich aus dieser Zeit mitnehmen. Durch dieses Projekt, habe ich an neuem Selbstbewusstsein gewonnen, bin mir selbst, aber auch Personen in meinem Umfeld, viel näher gekommen. Disziplin und Durchhaltevermögen hat einen neuen Wert in mir geweckt. Aber das, was mich am meisten erstaunt hat, ist ein Perfektionismus, der sich bei mir entwickelt hat, den ich an mir so noch nicht kannte. Mir wurde das Projekt sehr wichtig.
Aus diesen Erfahrungen werde ich bestimmt mein Leben lang profitieren. Für meine Zukunft weiß ich, dass ich weiterhin ein Mitglied solcher Projekte sein möchte. Ich bin noch in „meinem“ Labyrinth auf der Suche, aber das ist auch gut so! Louis
„Alles in Allem war das Palästina-Projekt eine große Bereicherung an neuen Erfahrungen und Erlebnissen. Allein die Erfahrung, dass es möglich ist, in zwei Wochen intensiver Arbeit, aus zwei sehr unterschiedlichen Gruppen und zwei sehr verschiedenen Labyrinthen eine Einheit zu schmieden, spricht für sich. Auch habe ich gemerkt, wie wichtig der Austausch mit anderen Kulturen oder Ländern ist, denn dadurch lassen sich beispielsweise Konflikte, wie der Nahostkonflikt, besser verstehen und begreifen. Möglicherweise könnten solche Erfahrungen in der Zukunft eine Basis für eine gemeinsame Lösung schaffen.“ Luca